Fingerübungen Gitarre: Warum ist Spieltechnik für Musiker so wichtig? Weil sie Dich befähigt, dass, was Du in Deinem “inneren Ohr” hörst, über Deine Hand auf das Griffbrett zu übertragen. Oder kurz gesagt: Technik lässt aus Gedanken Musik werden und Dich zum besseren Gitarristen. Ein Gitarrist mit null Technik kann, egal wie toll seine Ideen sind, nichts ausdrücken, wohingegen eine sehr gute Technik höchstens dazu verführen kann, beim Spielen anzugeben (ja, ich bin manchmal schuldig).
In meiner nun über 20-jährigen Unterrichtstätigkeit (ich werde alt…) habe ich immer wieder feststellen können, dass vor allem bei Autodidakten die Technik beim Spielen das schwächste Glied in der Kette darstellt. Sie können mit dieser Fingergymnastik sehr viel lernen und leicht rasche Fortschritte erfahren.
Über die Jahre habe ich vier Technikübungen gesammelt, getestet und weiterentwickelt, die Dein Gitarrenspiel sozusagen einer “Grundsanierung” unterziehen. Die vier Fingerübungen sprechen verschiedene Bereiche der linken und rechten Hand an und verbessern durch regelmäßiges Training sowohl Dein Melodiespiel wie auch Dein Akkordspiel auf Deinem Musikinstrument.
Mein Vorschlag an Dich: Auch wenn Du reinen Technikübungen skeptisch gegenüberstehst – probier‘ es mal vier Wochen am Stück aus! Nimm Dir jede Übung zwischen zwei und fünf Minuten (je nach Zeitbudget) vor und spiele sie regelmäßig jeden Tag. Dann schreib mir bitte unten in die Comments, was in dieser kurzen Zeit schon passiert ist. Ich bin sehr gespannt, was Du lernen konntest.
Dies wird ein langer Post, also hol Dir vielleicht noch einen Kaffee oder Tee, bevor es mit den besten Fingerübungen für E-Gitarristen weitergeht.
PS: Wenn Dir das alles bekannt vorkommt: Das Fingertraining stammt aus dem freien Mitgliederbereich meines Online-Gitarrenunterrichts, den ich allerdings demnächst schließen werde
Fingerübungen Gitarre 1: Leichter Finger, schwerer Finger
Was durch das Fingertraining verbessert wird:
- Kontrolle über die Bewegungen der einzelnen Finger der linken Hand
- Dosierung der Kraft beim Runterdrücken auf den Bund
- Abdämpfen beim Saiten-Wechsel
- kleinere Bewegungen der linken Hand
Da es immer schwierig ist, komplexe Übungen im Text zu beschreiben, habe ich Dir zu der Übung ein Video gedreht. Ich nutze hier eine Akustikgitarre, die Übung ist aber in Sachen Fingergymnastik für ALLE Gitarristen und ALLE Stile, Anfänger und Fortgeschrittene gleichermaßen wichtig. Los geht’s, ran an die Saiten!
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Hier gibt es die Fingertrainer-PDF zur Gitarre-Fingerübung (zum Speichern rechts klicken und “Speichern unter” wählen):
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Hier findest Du Metronom-Tracks von 50-200 BPM zum Üben: KLICK (im neuen Tab)
Fingerübungen Gitarre 2: Die Spinne
Was durch die Fingerübung verbessert wird:
- Koordination der Finger der linken Hand
- Synchronisation der linken und rechten Hand
- Bewegungsabläufe für alle Möglichkeiten der linken Hand
- Einsparen und verkleinern von Bewegungen -> mehr Speed
Eine klassische Übung, die wohl so alt ist wie bundierte Saiteninstrumente selbst. Du hast 4 Finger und es gibt 24 Möglichkeiten, diese nacheinander aufzusetzen. Jede einzelne Möglichkeit hat Ihre eigenen Tücken, und wenn Du alle 24 ohne “Fragezeichen” in Dein Unterbewusstsein einprogrammierst, bist Du auf einen Großteil der technischen Herausforderungen in “freier Wildbahn” vorbereitet. Gerade wenn Du oft einen anderen Finger spielst, als Du solltest, oder wenn Deine Finger einfach nicht schnell genug sind, eine super Übung. Im Prinzip der Prototyp der Technikübung. Alt, weit verbreitet aber trotzdem sehr effektiv!
Achtung: Es bringt ÜBERHAUPT GAR NICHTS (!!!) diese Übung so schnell es geht hinzupfuschen. Ja, das klingt extrem, kommt aber aus Erfahrung. Von wegen “ich mache die Übung jetzt 4 Wochen und die bringt nix” – Du musst jeden Ton ernst nehmen und so sauber spielen, wie es irgendwie geht. Wenn das nur langsam geht, dann SPIEL LANGSAM. Achte auch vor allem auf das gleichzeitige Auflegen der Finger, wenn Du von hoch nach tief spielst. So, erhobener Zeigefinger aus 🙂
Auch zu dieser Fingerübung gibt es ein Online-Video und PDF!
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Finger-Übungen Gitarre 3: Finger wechsel Dich
Was durch dieses Fingertraining verbessert wird:
- Beweglichkeit der linken Hand trainieren
- Geschwindigkeit von großen Bewegungen bei Akkordwechseln trainieren
- Fördern einer optimalen Handhaltung, egal wo Deine Finger gerade greifen müssen
Eine der größten Herausforderungen für die Finger ist es, einen weit auszustrecken und den anderen weit einzuziehen – so wie das bei den schwierigeren Akkorden oder großen Tonsprüngen der Fall ist. Natürlicherweise ziehen wir unsere Finger eher gleichzeitig vor oder zurück. Was beim Gitarre spielen passiert, könnte man auch als “unnatürliche Bewegung” bezeichnen. Dieses ausstrecken und heranziehen einmal isoliert zu trainieren, ist eine sehr gute Idee.
Ich habe diese wirklich gute Übung von einem damaligen Dozenten der Los Angeles Music Academy, Jean-Marc Belcadi. Ein begnadeter Gitarrist! Nach seiner Aussage hat er diese Übung Abends jeweils 30 Minuten mit jedem der 6 Fingerpaare absolviert, also insgesamt 3 (!!) Stunden. Ich habe noch nie jemanden gesehen, der schneller Akkorde wechselt und komplexere Chord-Melodie Arrangements spielt. Der absolute Wahnsinn. Dies ist eine der Übungen, die mir in meiner Gitarrenkarriere am meisten gebracht hat. Gerade wenn Du oft das Gefühl hast, dass Du Dir “die Finger verrenkst” – integriere sie unbedingt in Deinen festen Übeplan!
Eine der wichtigsten Effekte dieser Übung wird oft übersehen: Wenn Du das Fingerpaar 1-4 wechseln kannst, ohne die Hand mehr als 1-3 Millimeter zu drehen, hast Du deine OPTIMALE Hand-Position gefunden! Herzlichen Glückwunsch 🙂
Hier ist das Online-Video zur Fingerübung:
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Hier gibt es das Fingertrainer-PDF zum Gitarre-Fingertraining:
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Für diese Fingerübung brauchst Du kein Metronom. Wechsle die Positionen so schnell Du kannst und vermeide dabei das “Hangeln”, welches ich auch im Video beschreibe.
Finger-Übungen Gitarre 4: Alternate Picking Basics
Was durch die Übung verbessert wird:
- kontrolliertere Picking-Bewegungen lernen durch Fokus auf nur eine Hand
- besseres Timing beim Anschlag lernen
- kleinere Hand-Bewegungen
- gleichmäßiger Auf- und Abschlag lernen
Alternate Picking ist DIE Basistechnik der rechten Hand bzw. der Anschlags-Hand. Diese Technik MUSS jeder Gitarrist beherrschen, wenn er sich auch nur annähernd ernsthaft mit dem Instrument Gitarre auseinandersetzt. Viel zu oft sehe ich Anfänger und Fortgeschrittene, die immer nur nach unten (Downstroke) anschlagen. In Ausnahmefällen kann das sinnvoll sein (z.B. Heavy Palm-Muting Riffs), aber im Normalfall ist es einfach nur schlechte Technik. Denn um nach unten anschlagen zu können, muss die Hand ja vorher nach oben – und diese Bewegung wird beim alternate Picking ausgenutzt.
Auch wenn es die absolute Standard-Technik ist, alternate Picking ist leider eine schwierige Technik, vor allem dann, wenn man von einer auf die nächste Saite wechselt. Soll es irgendwann richtig schnell werden, muss man sich noch genauere Gedanken machen (Stichwort: Pick-Slanting). Fürs erste gibt es hier aber mal die Grundlagen, die jeder Gitarrist beherrschen sollte, um ganz normale Riffs, Solos und Melodien zu lernen und gut spielen zu können.
Hier das Fingertrainer-Video dazu:
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Hier gibt es das Fingertrainer-PDF zum Download:
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So, das wars zu meinen 4 effektiven Technikübungen für ein besseres Gitarrenspiel!
Haben Dir die Tipps geholfen? Hast Du Fingerfertigkeit hinzugewonnen? Welche war Deine Lieblingsübung? Lass es mich bitte hier unten in den Comments wissen!
Übung 1 lässt sich super in fast alle „Drills“ einbauen, etwa kombiniert mit Übung 2, oder wenn man Arpeggios, oder auch einfach Tonleitern übt (kA., wie sinnvoll das ist; habe mir vor 3 Wochen eine Gitarre zugelegt mit entsprechend „nicht vorhandener Spieltechnik“ (woran ich aber arbeite^^), aber halt ein halbwegs gefestigtes Theoriewissen dank jahr(zehnt)elangen Klavierspielens).
Sehr hilfreich beim kontrollierten Greifen der Töne, statt nur „irgendwie nen Finger draufzupatschen, und dann wird’s schon“. Isoliert wäre es mir zu langweilig, als „Zusatzaufgabe“ zu anderen Übungen aber immer wieder gut einzubauen.
Übung 2 hat einen besonderen Charme darin, dass man „das“ eigtl. immer machen kann, selbst wenn man gerade nicht so wirklich weiß‘, was man „jetzt“ üben soll.
Ich persönlich übe statt der Grundform aber ehrlicherweise lieber phrygische oder lokrische Tonleitern, für die man ja auch nur 4 frets braucht – so ist der Konzentrationsaufwand etwas größer, und damit das Risiko des „Schlampens“ nach einiger Übungszeit kleiner.
Entsprechend verfahre ich gern so, die 4 linearen Reihenfolgen (1234, 2341, 3412, 4123) ein paar mal mittels modaler Tonleiter durchzuspielen, und danach 4 Würfel zu greifen und den Zufall entscheiden zu lassen, welche Formen ich „heute“ übe ( zu diesem Zweck die Patterndarstellung (abzgl. der linearen Formen) im pdf durchnummeriert^^)
Übung 3… Wechsel zw. Ringfinger und kleinem Finger empfinde ich als Folter, ich kann den Ringfinger einfach (noch) nicht gut/weit einziehen, während der kleine Finger auf die tiefe E-Saite soll. Was den Nutzen der Übung bzgl. Koordination/Beweglichkeit in meinen Augen hinreichend untermauert.
B-Notenabzug einzig wegen der (leider unvermeidlichen) Quälerei, wenn die Motorik nicht „wie gesollt“ funktioniert.
Übung 4 schließlich dürfte vermutlich eher für Spieler nützlich sein, die ohne „musikalische Vorbelastung“ mittels Tasteninstrumenten an die Gitarre gekommen sind. Für mich selbst konnte ich hier leider keinen unmittelbaren Nutzen erkennen.
Hallo Michael, vielen Dank für Deine Rückmeldung! Übung 4 ist für viele eine wichtigsten, da Anschlagprobleme leider an der Tagesordnung sind. Vor allem sehe ich oft kein sauberes alternate Picking, sondern ein Mischmasch aus Economy und Alternate, was leider nicht die Vorteile sondern eher die Nachteile beider Konzepte vereint 🙂
Hey Bernd !
Warum hat es sowas nicht vor 40 Jahren gegeben ? Dann wäre ich heute ein super Gitarrero. Leider war es damals sehr mühsam, wenn man sich keinen Lehrer leisten konnte. Jetzt sehe ich die Fehler, die ich gemacht habe. Aber in Verbindung mit meinem über 40 Jahre erworbenen intuitiven, gehörorientierten Spiels komme ich sehr gut voran, die Fehler auszumerzen und die Technik zu verbessern. Echt toll, wie schnell sich bei mir merkbate Erfolge einstellen. Und das, ohne das Frust eintritt.
Schade, dass ich so viele Jahre vertütelt habe. Du hast das Feuer in mir für die Gitarre wieder entfacht. Danke dafür !
Gruß und schöne Feiertage
Wolfgang
Danke Dir, Wolfgang!