Eigentlich war dieser Beitrag eine E-Mail in meinem Newsletter. Da ich aber unglaublich viel Antworten auf diese Mail (viel mehr als zu allen anderen) bekommen habe, hier nun als Blogpost. Warum? Teilweise bekam ich sehr ausführliche Texte mit anderen Meinungen und tollen Beispielen. Die würde ich gerne hier in den Comments sehen, um eine rege Diskussion anzustoßen! Wenn DU also auch auf diese Mail geantwortet hast – kopiere diese doch bitte einfach und poste sie hier unter die Kommentare. Das wäre super – Dankeschön!
Um meine Meinung kurz zusammenzufassen: Du kannst auch komplett “Talentfrei” extrem viel Spaß auf der Gitarre haben. Eventuell brauchst Du dann etwas mehr Geduld, aber die brauchst Du sowieso. Mach Dir also nicht zu viel Gedanken über Talent, Begabung oder sonst was (es sei denn, Du willst Profi-Gitarrist in einer Weltklasse-Band werden), sondern spiel, üb und hab Spaß 🙂
Eine kleine Warnung vorab – beim Thema “Talent” bin ich sehr emotional. Der Grund dafür ist, dass “Talent” oft als Ausrede vorgeschoben wird. Zum einen für Faulheit, zum anderen aber auch, um zu erklären, warum jemand etwas kann, ein anderer aber nicht. Üben, Fleiß und Disziplin sind nämlich Wörter, die nicht besonders populär sind – aber hundertmal wichtiger als Talent 🙂
“Oh, was für ein tolles Solo! Du bist echt talentiert…”
Es gibt fast keinen Satz, den ich so bescheuert finde wie diesen. Wahrscheinlich ist es als Kompliment gedacht, was es aber eigentlich sagt ist: Irgend eine höhere Macht ist dafür verantwortlich, dass Du Gitarre spielen kannst. Du selbst hast nichts damit zu tun. Die ganze Arbeit, die 5-8 Stunden üben am Tag, 1 mal die Woche zum Gitarrenlehrer fahren etc. – alles ist nur “Talent” und ist Dir einfach zugeflogen. Nein! Es ist harte Arbeit, Durchhaltevermögen, Hingabe und guter Unterricht (+ Geduld) seitens Deiner Lehrer (oder Deines Onlinekurses)!
Die Begriffe Talent und Begabung sind gerade beim Spiel eines Instruments allgegenwärtig. Wie oft haben Eltern mich schon gefragt, ob ihr Kind denn auch Talent hat. Am liebsten hätte ich geantwortet “Ja, sehr viel Talent, aber Ihr Kind ist leider sehr faul, deshalb wird das nichts”. Hab ich natürlich nicht gesagt, aber es hätte in 70% der Fälle wohl gestimmt!
Was ist Talent? Der Effekt, dass Du eine neue Tätigkeit beginnst und Du sofort sehr große Fortschritte machst, obwohl Du so gut wie gar nichts dafür tust. Du hast das bestimmt in der Schule schon erlebt. Einige müssen für bestimmte Fächer so gut wie nie lernen oder üben und haben trotzdem immer eine 1. Hat Dich das auch schonmal aufgeregt? Oder hat es Dir gefallen, wenn ein Fach mal super einfach für Dich war? Nun, in der Schule wird bei allem eigentlich nur an der Oberfläche gekratzt – sobald es ernst wird, muss man für alle Fähigkeiten, die man erlernen will, regelmäßig üben, lernen und dranbleiben.
Ich hatte schon viele Schüler, die am Anfang extrem schnell vorankamen. Allerdings gibt es beim Lernen eines Instruments ein Problem. Diese Anfangsgeschwindigkeit hält höchstens 6 Monate. Danach müssen auch die, denen es leicht gefallen ist, auf einmal richtig üben. Sonst bleiben sie auf dem gleichen Niveau und erreichen ein sogenanntes Plateau – viele geben dann frustriert auf.
Aber gerade denen, die am Anfang wie von selbst spielen konnten, fällt es schwer, sich dann auf einmal umzustellen. Über die Hälfte steigt dann nach meiner Erfahrung aus.
Diejenigen, die sich von Anfang an alles hart erarbeiten müssen, starten dafür irgendwann durch. Sie lernen nämlich:
– Wie man effektiv übt
– Wie man sich selbst motiviert
– Wie man sich nicht entmutigen lässt und dranbleibt.
Und das sind die wichtigsten Fähigkeiten, um ein Instrument zu lernen. Nicht Talent. Talent sind vielleicht 3%. Und selbst ohne Talent hast Du immer noch 97%. Ich kenne niemanden, der sein Potenzial zu 97% ausgeschöpft hat – Du? Naja, vielleicht Guthrie Govan 🙂
Meiner Ansicht nach ist Talent völlig unwichtig und total überbewertet!
Wichtig sind beim Lernen eines Instruments (an alle Eltern: bitte jetzt ganz genau lesen)
– wirkliches eigenes Interesse am Instrument und an der Musik, die damit gespielt wird
– Spaß an der Sache
– Spaß an der Sache (ich schreibe es nochmal, weil es so wichtig ist)
– Der Wille, auch weiterzumachen, wenn man auf Widerstand stößt.
Eins fehlt noch. Gerade bei einem so schwierigen Instrument wie Gitarre (ja Du hast richtig gelesen, Gitarre ist schwierig zu lernen, vor allem am Anfang):
Die richtige Anleitung und Rückmeldung!
Oder genau gesagt:
Welche Übung bringt was, welche nicht?
Wie lange musst Du etwas üben und wie?
Bist Du auf dem richtigen Weg, ist die Übung so ok?
Diese so essenziell wichtige Anleitung liefert Dir neben einem guten Gitarrenlehrer auch die Kurse und vor allem das Premium-Abo von Gitarrenlehreronline.de – die besten und effektivsten Methoden und Übungen, alles nötige Wissen, um Dich besser zu machen.
Und alle 14 Tage genaues Feedback (Im Premium Abo), ob Du auch alles richtig machst. Wie das funktioniert? Du nimmst ein Video von Dir auf (Qualität ist egal, Smartphone auf den Tisch gestellt, Videoaufnahme an, fertig) und lädst es auf ein Videoportal hoch. Dann schickst Du mir den (auf Wunsch privaten) link. Ich sehe mir das Video an und schreibe Dir:
– was Du verbessern musst
– was Du richtig machst
– was Du als nächstes Üben sollst.
Zudem hast Du durch das Hochladen des Videos auch noch eine gute Übersicht, wann Du wie gut spielen konntest und inwiefern Du Dich verbessert hast. Denn die Uploads sind mit Datum versehen und bleiben online, bis Du sie löschst. Keine Angst, Du musst ja Dein Gesicht nicht mit aufnehmen und musst auch niemals eines der Videos öffentlich stellen. Nur Du siehst es – und ich, wenn Du es mir schickst.
Du bist neugierig geworden auf den Premiumbereich von Gitarrenlehreronline? Dann schau Dir doch hier mal die Features nochmal genauer an und was ein paar meiner Schüler dazu sagen: Hier klicken
Was ist Deine Ansicht zu Talent? Hast Du eine andere Meinung? Ich bin gespannt und freue mich auf Deinen Kommentar!
Viele Grüße
Bernd.
Lieber Bernd,
sehr gerne lese ich oft Deine Ausführungen zu verschiedenen Aspekten in der Musik.
Deine Meinung über Talent teile ich nicht ganz: es gibt so etwas wie talentiert oder auch “talentfrei” sein.
Und das bezieht sich auf fast alle “Capabilities”.
Natürlich ist auch Talent eine Skala von 0 bis n… also man kann einigermassen, mittel, ganz gut oder top talentiert sein.
Wenn Talent und Fleiss zusammen kommen, hat man die besten ihres Genres! Im Sport zum Beispiel Christian Ronaldo, der bekannt dafür ist, dass er seit er den Ball treten kann, immer zusätzliche Trainingseinheiten gemacht hat.
Boris Becker war z. B. ein begnadetes Talent und kam mit – für einen Profi – relativ wenig Training aus – ganz im Gegensatz zu seinem damaligen Gegenspieler Iwan Lendl, der natürlich eine gewisse Begabung hatte aber erst durch seinen totalen Trainingsfleiss so gut wurde. Was natürlich ein Beweis ist, dass Üben / Trainieren wichtig ist und man damit ein gewisses Level erreichen kann.
Aber eine Person ohne jegliches Ballgefühl (Basis-Talent) wird nie gut im Tennis, Fussball, Golf,…. à propos Golf:
jede Menge ex-Fussballer (Oliver Kahn), ex-Tennisspieler werden innert kürzester Zeit sehr gute Golfer – wo andere 10 Jahre brauchen, sind sie innert Monaten auf einem einstelligen Handicap…. Ballgefühl oder eben Ball-Talent.
In der Musik ist es ähnlich: ich habe mit über 40 Jahren mit der Gitarre angefangen und bin lange nicht da, wo ich gerne wäre.
Ich erschliesse mir die Themen durch Youtube, nahezu tägliches Üben. Dabei steht die Gitarre immer in Reichweite – im wahrsten Sinne des Wortes:
wenn im TV z.B. ein Werbespot kommt, mute ich den und greife nach der Gitarre neben der Couch. Manchmal verlier ich mich dann darin und merke gar nicht,
dass der Film weiterläuft 😉
Aber dennoch, nach vielen Jahren üben und Lust haben, muss ich mir eingestehen, dass ich nur begrenzt Talent habe.
Besonders fällt mir das auf, wenn es darum geht, nach Gehör zu spielen. Ein Freund von mir ist ein begnadeter Keyboarder.
Er hört eine Melodie und spielt sie – aber sofort – nach/mit. Er hört, wenn das Martinshorn eines Krankenwagens nicht richtig gestimmt ist 🙂
Er spielt sofort Melodie und Akkorde (und da nicht die einfachsten sondern Jazzharmonien) mit.
Ich kämpfe mich – mangels Talent – durch die Musik-Theorie/Harmonielehre um zu wissen, was es bedeutet in einer bestimmten Tonart zu spielen. Ich habe dazu immer den Q-Zirkel aufgeschlagen… klar weiss ich, dass es Scales, Pentatonik etc. gibt. Ein “echter” Musiker verschwendet keine Sekunde einen Gedanken daran währens eines Solos oder beim Jammen – das ist Gefühl und Intuition. Bei mir ist es bewusst eingehaltene Technik / Schemata…
Klar, für’s Lagerfeuer ist’s ok… und wenn man dann noch mit zwei, drei Hammer-on/off, Bendings angibt, denken andere (nicht-Musiker) “der kann Gitarre spielen”…
Herzliche Grüsse und keep on rockin
Hey Bert, wenn wir in den professionellen Bereich gehen, ist Talent auf jeden Fall wichtig.
Was aber bei der Seite und 99% meiner Schüler wichtiger ist: Hast Du Spaß am Gitarrespielen und kommst Du soviel weiter, dass Du diesen Spaß nicht verlierst? Und da muss ich sagen kann Talent ohne Probleme durch richtiges üben, optimale Konzepte und etwas Fleiß und Geduld ausgeglichen werden 🙂
Hallo Bernd,
das sehe ich genauso. Ich hatte mal ein Zitat gelesen, frei übersetzt: „Außergewöhnlich zu sein ist kein schöpferischer Akt, sondern das Ergebnis von Gewohnheit! Wir stellen das dar, was wir regelmäßig tun.“
Was m.E. aber noch dazu kommt, ist das Bild, welches man von sich selbst hat. Dieser Kreislauf aus Selbstkonzept und selektiver Wahrnehmung, die versucht, dieses Bild zu bestätigen, ist uns allen inne. Das kann in beide Richtungen gehen. Entweder ich halte mich für einen schlechten, „untalentierten“ Spieler, dann werde ich unbewusst nur das wahrnehmen, was dies bestätigt und evtl. Fortschritte eher verdrängen/nicht sehen (Teufelskreis). Oder ich halte mich für einen guten Spieler hinsichtlich der Fortschritte die ich mache, dann werde ich mich eher darauf konzentrieren.
Viele Grüße
Ingolf
Hallo Bernd,
Zur Frage nach meinem Talent:
ne, ich habe kein Talent aber ich übe regelmäßig. Gut, ich brauche meine Zeit, lerne vielleicht nicht ganz so schnell wie andere, aber ich bleibe dran und weiß, dass ich eines Tages so gut sein werde, wie manche meiner Vorbilder. Wie schon gesagt, ich bin 66 (und kein bisschen leise ;-)), aber das ist für mich kein Grund, nicht zu üben und das Alter spielt bei mir keine Rolle.
In meinem Berufsleben war ich sehr erfolgreich, aber das kam, weil ich konsequent gelernt und hart gearbeitet habe. Und so sehe ich das auch in Bezug zum Gitarre Lernen.
Das Alter interessiert mich nicht, da ich mich immer noch wie ein 25 jähriger fühle.
Viele Grüße,
Wolfgang
Hallo Wolfgang,
besser hätte ich es nicht schreiben können – oder wie Darth Vader in “Star Wars op Kölsch” so schön sagt: “Dat is die richtige Einstellung!”.
Sollte sich jeder mal beherzigen, der ewig nach Ausreden sucht 😉
Danke!