Früher war die Frage nach „was brauche ich, um Gitarre spielen und üben zu können“ relativ schnell beantwortet. Bei akustischen Gitarren reicht die Gitarre, Notenständer, Fußbänkchen und ein Metronom. Bei E-Gitarre kam noch ein Gitarren-Amp und ein Kabel dazu. Vielleicht noch ein Verzerrer vornedran mit noch einem Kabel, falls der Amp keinen geeigneten Sound hatte (was bei den alten Übungsamps fast immer der Fall war).
Heutzutage ist das nicht mehr so einfach, weil es eine Riesenauswahl gibt, die einen förmlich erschlägt. Aber das ist gut so! Warum? Mit den richtigen Tipps kannst Du für kleines Geld einen tollen Sound beim Üben haben und mit etwas mehr einen phänomenalen Sound. Auf 3 Variationen möchte ich in diesem Artikel eingehen.
Gleich am Anfang: Ich verzichte ganz bewusst auf die Version „Röhrenamp mit Pedalboard“. Natürlich wählen viele Profis dieses Set-up, um Live einen geilen Sound zu rocken. Und dagegen ist absolut nichts zu sagen. Aber selbst wenn Du so etwas schon besitzt – Du willst nicht immer zum üben das ganze „Geraffel“ auspacken, sondern die Gitarre einstecken und loslegen. Deshalb brauchst Du zu Hause etwas, was sofort und immer schnell verfügbar ist und Spaß macht. Das andere Equipment bleibt im Proberaum 🙂
Diese 3 Setups stelle ich Dir vor
- günstiges Set-up mit vorhandenem Computer
- Set-up ohne Computer
- Semiprofessionelles Set-up
Das günstigste Set-up (mit vorhandenem Computer)
Voraussetzung: Einigermaßen aktueller Computer, der dort steht, wo Du übst. Notebook geht natürlich auch. Und 2 Aktivboxen (die Du auch zum Musikhören am Computer benutzt), die einigermaßen klingen. Du brauchst:- Natürlich eine E-Gitarre. Meine Anfangsempfehlung: Ibanez GRG140-SB (die gibts auch in weiß und schwarz, da ist allerdings das Korpusholz ein anderes und sie klingt dann nicht ganz so gut – aber immer noch super).
- Ein Audiointerface, damit Du die Gitarre an den Computer anschließen kannst. Nein, Du kannst NICHT den eingebauten Ein/Ausgang vom Laptop benutzen. Glaub mir einfach 🙂 Wichtig: Hier werden dann auch die Boxen angeschlossen! Ich habe extra ein Interface gewählt, welches einen Miniklinken Ausgang hat – damit Du Deine Boxen vom Computer (Oder Deine Kopfhörer) weiterverwenden kannst für den Anfang. Meine Empfehlung hier: Focusrite Scarlet 2i2. Warum? Das Gerät kostet nur 129 Euro neu, macht alles, was es soll und funktioniert super stabil. Außerdem ist die Lite Version von Ableton Live dabei, die völlig ausreicht. Für den Anfang absolut unschlagbar!
- Ein vernünftiges Kabel. Hier wird nicht gespart, denn die billigen Dinger gehen sofort kaputt, vor allem am Stecker. Meine Empfehlung: Sommer Cable The Spirit XXL – Hält ewig. Wahrscheinlich länger als die Gitarre, Dein Computer und das Audiointerface zusammen 🙂
Set-up ohne Computer
Eventuell möchtest Du nicht mit Computer üben – sei es, weil Du ehe den ganzen Tag vor dem Bildschirm sitzt und ein Deiner Freizeit keine Lust darauf hast. Oder, weil Du keinen festen übe-Platz hast und Dein Set-up sehr klein sein muss. Um es gleich vorweg zu sagen: Ein normaler Übe-Amp, wie es sie von fast allen Herstellern für ca 100-150 Euro gibt, ist rausgeschmissenes Geld. Diese kleinen Amps klingen mäßig bis miserabel, da sie zwar einen Gitarrenspeaker haben, dieser aber nicht die richtige Größe hat. Dann gibt es wenn Du Glück hast 2 Sounds, aber nur eine Klangregelung. Und über die meisten der Teile klingt ein angeschlossener Mp3-Player für Jamtracks etc richtig sch… lecht. Was Du brauchst, sind Fullrange Speaker, also Lautsprecher, die das gesamte Frequenzspektrum wiedergeben. Dann klingt auch der Jamtrack gut, den Du über den Aux-in verwendest. Zum Glück gibt es eine neue Generation von Amps, die genau nach Deinem Geschmack sein könnten. Leider ist das ganze etwas teurerer als die Variante oben, dafür aber super portabel und klingt auch gut. Was Du dazu brauchst:- Die E-Gitarre – auch hier empfehle ich die gleiche wie oben.
- Einen dieser Amps: Yamaha THR10 V2 oder Line6 Amplifi 30 und ganz neu der VOX Adio Air GT . NEU! Die Katana-Serie von Boss ist einen Blick wert. Tests auf der Seite stehen noch aus, ich konnte nur den Mini kurz testen und war sehr begeistert. Diese Teile haben eingebautes Amp-Modelling und Full-Range Speaker, so dass sie praktisch die Lautsprecher, das Audiointerface und Deinen Computer ersetzen. Zudem gibt es einen Aux-Eingang, wo Du einen Mp3-Player oder ein Smartphone/Tablet für Jamtracks und Metronom anschließen kannst. Die Line6 und die VOX-Variante (die ich empfehle) hat zudem eine Bluetooth-Schnittstelle, sodass Du ein kompatibles Gerät auch ohne Kabel anschließen kannst. Sehr praktisch! Der Yamaha und der VOX haben außerdem ein Batteriefach, sodass Du ihn ohne Stromanschluss betreiben kannst. Je nachdem wie Deine Übesituation aussieht, nimm entweder den einen oder den anderen. Ich würde den VOX nehmen, er kann am meisten und hat mit Abstand die besten Sounds!
- Ein Smartphone/Tablet oder einen Mp3-Player für Metronom oder Jamtracks. Ich denke mal es gibt niemanden der weder das eine noch das andere hat.
- Das gleiche Gitarrenkabel wie oben und evtl. noch ein Miniklinke auf Miniklinke Kabel zum Anschluss des Smartphones/Tablet.
Semiprofessionelles Setup
Wenn Du schon etwas länger spielst oder jetzt schon genau weißt, dass Du dabei bleibst – oder Du Dir vielleicht einfach „was gönnen“ willst, hier meine Empfehlung für ein High-End Set-up. Im Prinzip ist es das gleiche, was ich selbst spiele. Du wirst jetzt mit Sicherheit denken „wow, was für ein Preissprung!“ – aber das ist Absicht. Es gibt viele Nuancen dazwischen, aber meiner Ansicht nach muss es schon einiges mehr kosten, um das erste hier erwähnte Setup zu schlagen. Ich empfehle in so einem Fall Blindtests! Ich könnte Dir einige günstigere Alternativen zu meinem Equipment geben, falls Dir das doch zu viel auf einmal ist. Allerdings muss ich auch sagen: Ich habe das alles durch. Kaufen, verkaufen, dann doch das teurere holen. Wieder verkaufen, weil das neue billigere vielleicht doch genauso gut ist. Pustekuchen, ist es nicht, wieder verkaufen und doch noch mal das teure holen. Spar Dir den Hickhack! Entweder zu holst ein günstiges Set-up oder ein richtig geiles. Zwischendrin passiert tatsächlich nicht viel. Ist ähnlich wie bei Gitarren… Erst ab ca 800-1200 Euro werden die wirklich besser als die GRG140 🙂 Was Du brauchst (oder in dem Fall: Willst):- Eine ordentliche Gitarre. Hier hast Du die freie Wahl, ich würde die Preisklasse um die 800-1200 Euro empfehlen. Maximal 1500. Meine Hauptgitarre ist eine Ibanez Andy Timmons AT10 in Weiss oder meine neuen Favorites, die Ibanez AZ Gitarren (z.B. Diese hier). Ich habe noch 10 weitere, aber ich bin auch Wahnsinnig und mache das seit 25 Jahren. Ja, ich habe nur Ibanez Gitarren zur Zeit… und ja, ich bin wahrscheinlich wahnsinnig 😉
- DAS beste Audiointerface für ein kleines Home-Studio: RME Babyface Pro – Die besten Treiber, geringste Latenz und der Interne Mischer löst so manches Problem, gerade auch wenn man Content-Creator ist. Kein anderes Audiointerface bietet das! Glaubt mir, ich habe sehr, sehr viele ausprobiert und kam immer wieder zu RME zurück. Der Preis scheint auf den ersten Blick eine Frechheit, aber er ist 100% gerechtfertigt. RME kannst Du auch ohne Probleme gebraucht kaufen. Das Zeug bekommt man nicht klein! Wenn Du mehr ein/Ausgänge benötigst, schau Dir das Fireface UCX an. Dann brauchst Du ganz, ganz lange nichts anderes.
- Das Kabel bleibt das gleiche. Eventuell ein wenig länger? Hier: KLICK. Und noch 2 XLR Kabel zum Verbinden der Boxen (siehe unten).
- Damit Du das alles auch nutzen kannst: Eine ordentliche DAW (=Digital Audio Workstation) Software. Für PC-User empfehle ich Cubase Elements 9, für Apple User Logic Audio in der neuesten Verison.
- Damit der Gitarrensound auch richtig geil klingt, brauchst bzw. willst Du noch ein Amp-Plugin, das über alle Zweifel erhaben ist. Hier 2 Tipps von mir: BIAS FX2 (mit allen Upgrades und Amps), Helix Native oder Brainworx Rockrack. Beides super Plugins. Von letzterem gibt es eine kostenlose „Player“ Variante. Du hast 16 sehr gut klingende Presets, die Du allerdings nicht verändern kannst. Für den Anfang aber super bzw. zum Testen. Natürlich gibt es noch TONNEN von anderen Gitarrenplugins. Ausprobieren und vergleichen, wenn Du die entsprechende Zeit hast. Ich würde aber lieber üben 🙂 UPDATE: Seit neuestem benutze ich das Plugin „Helix Native“ – mit Abstand das beste, was ich je gespielt habe auf dem Rechner. Alle anderen können dagegen einpacken. Sowohl was Sound, performance, Effekte wie auch – und vor allem – Bedienbarkeit angeht. Mein Tipp. Aber leider SEHR teuer mit 400 Euro (!)
- Die oben schon beschriebenen Studiomonitore von ADAM. Eine der besten Kaufentscheidungen, die Du jemals treffen wirst 🙂 Nein, ich bekomme kein Geld von Adam 🙂
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